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Ottomar Anschütz, Serienapparat, der erste Schritt zum KinoDER ERSTE SCHRITT ZUM KINO Der Serienapparat von Ottomar Anschütz (von Guido Anschütz,1940) Der von Ottomar Anschütz 1883 erfundene Schlitzverschluss vor der Platte ermöglichte, eine schnelle Bewegung durch ein Einzelbild festzuhalten. Eine Folgeerscheinung war, dass eine Anzahl solcher Geräte nebeneinander aufgestellt wurde, deren Schlitzverschlüsse nacheinander arbeiten. So erhielt man in der Bewegung fortschreitende Bilder. Auf diesem Grundgedanken setzend, entstand im Jahre 1885 der erste so genannte „Serienapparat“ zuerst mit 12, dann für 24 Aufnahmen. Der Serienapparat konnte eine Bewegung in 24 aufeinander folgende Einzelbilder (Phasen) zergliedern, deren erstes und letztes Bild sich aneinander schloss, so dass ein Kreislauf in der Bewegung entstand.
Durch die eine Kamerawand schauten 24 Objektive, die in einer Reihe angeordnet waren. Immer 4 Objektive saßen gruppenartig auf einer gusseisernen Grundplatte; bei 24 Objektiven waren demnach 6 Grundplatten vorhanden. Diese letzteren wurden auf eisernen Rahmen aufgeschraubt, die an dieser Kamerawand durch Gelenke befestigt waren, die in der Horizontalen beweglich waren, so dass die optischen Achsen der Objektive auf einen Punkt gerichtet werden konnten, um die Parallaxe auszuschalten. Von diesen 5 Gelenken war das mittelste an der Kamerawand fest gelagert, denn durch dieses ging die Mittelachse der ungefähr 2 ½ m breiten Photographierbasis. Auf diesem beweglichen Rahmen saßen dann noch aus dicken Vierkant-Eisenstäben hergestellte schräg zulaufende Gerippe, die gewissermaßen das Gestell eines Kamerakastens bildeten und dessen 4 Ausläufer den schweren Verschlussteil mit den 4 Verschlüssen trugen, der mit Knebelschrauben daran befestigt war. Auf diese Weise entstand ein Abteil mit 6 Verschlüssen. Es waren demnach 6 solcher Abteile vorhanden. Zwischen Objektiv und Verschluss bzw. Platte brauchte keine Lichtdichtung zu bestehen, da ja die ganze Apparatur in lichtdichtem Kasten eingebaut war. Daher konnte auch die Platte ohne jede Umhüllung am Verschluss befestigt werden, was dann natürlich im Dunkeln geschehen musste. Damit aber die Lichtstrahlen der Objektive sich nicht gegenseitig stören, waren zwischen Objektiven und Verschlüssen „Lichttubusse“ angebracht. Der geräumige Apparatkasten konnte betreten werden, ohne Licht in diesen fallen zu lassen; dazu waren an einer Schmalseite 2 halbrunde Türen als Lichtschleuse angebracht. Der zylinderförmige Raum zwischen diesen fasste gerade eine Person. Die schwere Apparatur musste auf guter Unterlage ruhen, damit die optischen Achsen beim Gang der Verschlüsse nicht schwankten. Zu diesem Zwecke ruhten die vorher genannten Kameragestelle mittels starker Eisenstützen auf Eisenplatten, die in einem massiven Holzgestell eingelassen waren. Der beginn der Aufnahme gab entweder das sich bewegende Objekt, indem es einen über die Laufbahn gezogenen Wollfaden zerriss, wobei durch den beim Zerreißen entstehenden Zug für den ersten Verschluss schloss. Die übrigen Verschlüsse folgten, indem ein Metronom ihre Zeitabstände regelte. Letzteres hatte einen durch 2 wechselseitig erregte Elektromagnete schwingenden Waagebalken, der an den Enden Kontaktstifte trug, die beim Schwingen abwechselnd in Quecksilber tauchten, wodurch jedes Mal der Strom für einen Elektromagneten des Serienapparates geschlossen wurde, der seinen Belichtungsschieber fallen ließ. Bei schnellster Gangart (Pferdeaufnahmen), z.B. Karriere, löste ein Verschluss beim Fallen den nächsten aus. Die Kontaktfeder legte sich, frei geworden, auf den unteren Kontakt und schloss somit den Stromkreis für den nächsten Verschluss. Die Kontaktleistung zum Metronom war dann kurz geschlossen. Das war dann der schnellste Fall aller 24 Verschlüsse in etwa ¾ Sek. – Bei ortsfesten Aufnahmen, z.B. Kartenspieler, erfolgte der Beginn der Aufnahme durch schließen eines elektrischen Handkontaktes. Ottomar trachtete immer danach, dass sich die
Bewegungsreihe schloß, d.h. also, dass das letzte Bild sich an das erste
reihte. Daher die Serien mit den verschiedensten Bildzahlen bis 24 als höchste.
Das mag ein gewisser Instinkt bei ihm gewesen sein, aus dem heraus er dann
später im Jahre 1886, den elektrischen Schnellseher entwickelte, der ja nur
immer eine Bewegung im Kreislauf zeigte. – Ich denke durch diese Zeichnung
und Darlegungen viele Zweifel behoben und zu der Erkenntnis beigetragen zu
haben, Dass Ottomar Anschütz keineswegs nach der Methode des Amerikaners
Muybridge arbeitete, sondern eigenen Wege ging. Ich kann das mit gutem
Gewissen behaupten, denn nur ich, als sein einstiger Mitarbeiter, weiß mit
welchen Schwierigkeiten er zu kämpfen hatte, die daraus entstanden, dass er
immer das beste in jeder Arbeit erstrebte, sich nie mit dem Mittelmäßigen
begnügte. (Guido Anschütz, Sohn) Der Schritt zum Kino!
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